Freitag, 14. Dezember 2012

14 (Frühnachrichten mit Option auf spätere Erweiterung ;-)



Freitag, 14. Dezember

Lotte konnte schon wieder nicht schlafen. Allerdings fühlte es sich heute wesentlich angenehmer an als gestern. Sie lag in Lars‘ Armen in seinem Bett, mitten in Paris. Hätte ihr das gestern um diese Uhrzeit jemand prophezeit, sie hätte ihn für verrückt erklärt. Es fühlte sich so unglaublich gut an, obwohl sie das Gefühl hatte, ihr müsse gleich der Hals durchbrechen, weil sie eigentlich völlig unbequem lag. Dennoch wollte sie sich nicht aus seiner Umarmung lösen.
Sie hatten einen wunderschönen Tag gehabt. Lars hatte sie bereits am Gleis erwartet, sie war ihm in die Arme gefallen und er hatte sie geküsst, ganz öffentlich, mitten auf dem Bahnsteig, am helllichten Tag. In Köln wäre das völlig undenkbar gewesen. Zuerst waren sie mit einem Taxi, dessen Fahrer nach Lottes Überzeugung lebensmüde gewesen sein musste, zu Lars‘ Wohnung gefahren. Sie war überrascht gewesen, wie gemütlich sie war, obwohl es sich eigentlich nur um ein kleines provisorisches Apartment handelte, wie er immer wieder betonte. Lotte machte sich schnell frisch, dann spazierten sie händchenhaltend durch die Innenstadt, an der Seine entlang und aßen schließlich in einem schnuckeligen kleinen Restaurant zu Abend. Danach waren sie wieder durch die Stadt geschlendert, auch wieder händchenhaltend, wie Lotte sich nicht oft genug vor Augen führen konnte und hatten schließlich noch zwei Gläser Wein in einem kleinen Bistro getrunken. Sie hatten es beide als unglaublich befreiend empfunden, einfach tun und lassen zu können was sie wollten ohne Angst haben zu müssen, es könnte sie irgendjemand von der Uni oder sonstige Bekannte entdecken. Schließlich hatten sie sich trotz der Kälte auf einer Bank niedergelassen und hemmungslos herumgeknutscht wie die Teenager. Irgendwann war es dann doch kalt geworden und sie waren nach Hause geeilt, wo sie sich gemeinsam unter der heißen Dusche aufgewärmt hatten und aus selbiger hatte Lars sie direkt ins Bett getragen. Er war noch einmal in die Küche verschwunden und kehrte mit einer Flasche Champagner und zwei Gläsern zurück. Lotte war sich vorgekommen wie in einem der von ihr normalerweise verhassten Liebesfilme, aber diese Realität gefiel ihr außerordentlich gut.
Natürlich waren sie einander immer näher gekommen und hatten nahtlos an das angeknüpft, was sie auf der Bank unterbrochen hatten. Als Lotte gerade alkoholgeschwängert darüber nachgegrübelt hatte, ob sie in dieser Ausnahmesituation eventuell doch ihre guten Vorsätze über Bord werfen konnte und über Lars herfallen sollte, hatte sein Handy geklingelt. Als habe der liebe Gott ihr ein Zeichen geben wollen, war es Ute gewesen. Lotte stellte sich tot und blieb regungslos neben Lars liegen, während er versuchte, das Gespräch so schnell wie möglich zu beenden. Für sie klang es nicht besonders liebevoll. Sie fragte sich, ob sie immer so miteinander kommunizierten oder ob es an ihrer Gegenwart gelegen hatte, dass er sie so schnell abgefertigt hatte. Letztenendes war es egal gewesen, er hatte das Handy einfach neben das Bett fallen lassen und war sofort wieder über sie hergefallen. Lotte beschloss, es einfach geschehen zu lassen. Der Wille war da gewesen, aber ihr Fleisch war schwach und überhaupt überkam sie beim Alkoholkonsum immer eine zunehmende Fleischeslust. So war sie also aktiv miteingestiegen ins Geschäft und als es gerade drohte zum Äußersten zu kommen und Lars sie fragte „Bist du dir sicher, dass du das wirklich willst?“, hatte erneut sein Handy geklingelt. Lars hatte es ignorieren wollen, aber Lotte war sich sicher, dass es um 1 Uhr morgens nur Ute sein konnte, hangelte das Handy unter dem Bett hervor und hielt es ihm hin. „Geh ran, verdammt, das fällt doch auf!“, zischte sie ihn an. Er hatte zurückgefaucht, dass die Frau paranoid sei und er längst hätte schlafen können, war aber trotzdem rangegangen. Lotte hatte das Gespräch mithören können, so nah hatte er neben ihr gelegen und so durchdringend war Utes Stimme.

„Ja, verflucht, was ist denn?!“
„Schatzi…“
„Ich hatte geschlafen, warum weckst du mich?“
„Tut mir leid, Süßer. Ich vermisse dich so.“
Lotte beschloss, dass nun ihr Einsatz gefragt war und schob ihren Körper noch dichter an Lars. Dann begann sie, ihn zu streicheln.
„Ute bitte, ich bin müde. Ich habe morgen einen harten Tag, ich muss schlafen.“
„Du kannst gleich weiterschlafen. Ich wollte nur kurz deine Stimme hören und wissen, dass du dich nicht gerade mit irgendeiner kleinen Französin vergnügst.“
Lotte hatte Mühe nicht loszuprusten. Der Alkohol tat wohl seine Wirkung. Aber sie beherrschte sich und lenkte sich damit ab, ihre Streicheleinheiten zu verstärken. Ihre Hände wanderten nun weg von Lars‘ Nacken, über seine Brust und seinen Bauch hinunter zu seinen Schenkeln, die sie nun intensiv zu massieren begann. Er warf ihr einen verzweifelten Blick zu.
„Ute bitte, das ist doch lächerlich! Du weißt doch, dass ich… aaah…“ Er stöhnte.
„Dass du was?!“ Sie klang zunehmend hysterisch. Lars guckte Lotte flehend an. Sie grinste nur noch breiter und ließ ihre Hand nun zwischen seine Schenkel wandern.
„Dass ich hier viel zu tun habe. Ich muss morgen ausgeschlafen sein, Ute, bitte. Du weißt doch jetzt, dass ich alleine… mmmmh“ Lotte hatte zugepackt. „Dass ich alleine bin.“
„Lars, was machst du denn da für Geräusche?!“
„Ich habe mir den Hals verrenkt. Mach dich schonmal bereit für eine Massage morgen, meine Süße. Das sind Schmerzen, das kannst du dir nicht vorstellen. Und ich muss jetzt schlafen, bitte!“
Während er bitte sagte, hatte er Lotte angeblickt, die gerade Anstalten machte, sich auf ihn zu setzen.
„Ok Schatz, tut mir leid. Schlaf gut. Ich wollte dich nicht wecken. Ich liebe dich.“
„Bis morgen.“

Lars hatte das Handy nun ausgestellt und endgültig durch den Raum gefegt. Dann wandte er sich Lotte zu. „Bist du des Wahnsinns?! Du kleines Miststück, wenn du so anfängst, musst du es auch zu Ende bringen jetzt!“, hatte er gesagt. Lotte hatte sich nicht mehr lange bitten lassen und ihre guten Vorsätze zum Teufel gejagt. Es war der absolute Wahnsinn gewesen. Lotte konnte sich nicht erinnern, jemals auch nur ansatzweise so guten Sex gehabt zu haben. Vielleicht lag es daran, dass sie so lange hatte warten müssen. Vielleicht auch an seiner großen Erfahrung, hatte eine böse Stimme geflüstert, die Lotte jedoch ignorierte. Danach hatte er sie in den Arm genommen und war eingeschlafen. Und da lag er nun neben ihr und sie konnte nicht schlafen. Sie sah ein, dass sie es in dieser Lage die ganze Nacht nicht würde tun können und sich morgen nicht mehr bewegen könnte, dann wäre sie diejenige, die sich wirklich den Hals verrenkt hatte. Auf eine Massage von Ute konnte sie allerdings verzichten. Sie löste sich aus Lars‘ Umarmung und legte sich bequem neben ihn. Durch die Vorhänge fiel ein schwacher Lichtstrahl einer Leuchtreklame von Gegenüber, gerade genug, um schemenhaft sein Gesicht zu erkennen. Lotte dachte sich, dass sie ihn einfach die ganze Nacht ansehen könnte und sie wäre glücklich. Sie musste sich zusammenreißen, normalerweise waren solche Gedanken überhaupt nicht ihre Art und je mehr sie sich ausgerechnet jetzt in so etwas verlor, desto schwerer würde es werden, wenn sie ihn morgen wieder gehen lassen musste.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen