Donnerstag, 17. Januar 2013

Von Moosröschen und Massage - Donnerstag, 17. Januar 2013

Schon als der Wecker an diesem Morgen klingelte, spürte Ute, dass es kein guter Tag werden würde. Heute Abend kam Lars aus Paris zurück und obwohl sie sich gestern wieder angenähert hatten, fühlte sie sich doch noch nicht bereit für ein Wiedersehen. War es nicht grauenvoll, wenn man verheiratet war und sich sowieso die halbe Woche nicht sah und sich dann nicht einmal auf die gemeinsame Zeit freuen konnte? Sie hatte einfach Angst davor, wie das Wiedersehen verlaufen würde. Ob er ihr noch Vorwürfe machen würde für die Ohrfeige, die sie ihm verpasst hatte und auch vor der allgemeinen Stimmungslage. Die Stimmung zwischen ihnen konnte nach den vergangenen Ereignissen kaum gut werden, selbst wenn sie es sich noch so sehr wünschte. Sie wünschte sich, sich heute Abend einfach neben ihm auf die Couch kuscheln zu können und sich geborgen und geliebt zu fühlen, aber so würde es nicht sein. Sie konnte das momentan nicht empfinden nach allem, was sie herausgefunden hatte. Doch wenn sie sich so ungeliebt fühlte und ihm dadurch unsicher und frustriert gegenübertrat, würde sie ihn noch mehr in die Arme von dieser Charlotte treiben. Es war ein Teufelskreis. Das einzig Gute an Paris war, dass sie sich sicher sein konnte, dass er dort Charlotte nicht sah und über sein Treiben während der Tage in Köln musste sie mehr Kontrolle gewinnen, um auch hier wenig Möglichkeiten für heimliche Treffen zu bieten. Gleichzeitig durfte sie nicht klammern, bei einem Mann wie Lars durfte man nicht klammern, wenn sie irgendetwas von Anfang an bei ihm verstanden hatte, dann das.
Sie hatte Charlotte gestern von weitem in der Uni gesehen und gefunden, dass sie nicht besonders glücklich ausgesehen hatte. Natürlich konnte es dafür viele Anlässe geben, aber insgeheim hatte sie gehofft, es hinge mit Lars zusammen. Vielleicht hatte er die Geschichte inzwischen ja beendet... Sie ermahnte sich, aufzuhören zu träumen und sich lieber zu überlegen, was sie heute Abend anziehen würde. Immerhin hatte sie inzwischen wieder braune Haare und fühlte sich damit deutlich besser. Dass Lars auf braunhaarige Frauen stand, war nicht von der Hand zu weisen, wie sein ganzes Beuteschema. Sie entsprach ihm genauso wie Charlotte und alle anderen seiner Ex-Freundinnen, von denen sie wusste bzw. von denen sie bei irgendwelchen Gelegenheiten einmal ein Foto gesehen hatte. Lars' Bruder war in dieser Hinsicht immer recht auskunftsfreudig gewesen. Eigentlich sollte sie diese Tatsache bezüglich Franziska beruhigen. Sie war eine Blondine, wie sie im Buche stand, insofern log Lars vielleicht tatsächlich nicht damit, dass da am Samstag nichts passiert war zwischen ihnen. Möglicherweise war sie durch diese Sache mit Charlotte wirklich paranoid und tat ihm Unrecht. Sie musste sich zusammenreißen, wenn er heute Abend kam.
Vielleicht sollte sie eine nette Überraschung für ihn vorbereiten, zur Versöhnung. Sie beschloss, ihm ein leckeres Essen zu kochen und sich hübsch zu machen. Liebe ging bekanntlich durch den Magen. Und danach würde sie ihn massieren, das genoss er immer ganz besonders.
Schnell packte sie ihre Handtasche und zog los, um für das Essen einzukaufen und nach einem schönen Massageöl wollte sie auch Ausschau halten. Sie durfte diesem Abend einfach keine Chance lassen schiefzulaufen...

*****

Als Lars den Blumenladen am Hauptbahnhof betrat, fragte er sich, was für einen Strauss er Ute diesmal kaufen sollte, um einen möglichst friedlichen Start in die gemeinsamen Tage zu erwirken. Er hatte etwas wiedergutzumachen, aber dies durfte nicht zu offensichtlich sein. Im Zug hatte er diese Frage mit seinem Freund Peter per SMS diskutiert und er hatte ihm einen Strauß Calla empfohlen mit der Bemerkung, die hätten bisher noch jede Beerdigung verschönert. Lars musste grinsen. Er fand die Blumen eigentlich ganz hübsch, aber falls Ute diese Bedeutung kannte, waren sie wohl nicht angemessen. Schließlich entschied er sich für einen Strauß mit Moosröschen, die waren auch in ihrem Brautstrauß gewesen, vielleicht war das ein gutes Signal an sie.
Er hoffte, das Wiedersehen würde nicht allzu stressig werden, er war müde von der Reise und hat keine Lust auf endlose Diskussionen über das letzte Wochenende oder sonstige unschöne Dinge. Und irgendwie würde er Ute noch erklären müssen, dass er morgen Nachmittag einen Termin hatte. Er spürte, wie es allein bei dem Gedanken an seinen Termin wieder anfing in seinem Unterleib zu kribbeln. Dabei fand er Franziska mit ihren blonden Haaren nicht einmal besonders anziehend. Wahrscheinlich war es das Risiko, verbunden mit den Erinnerungen an ihre Fähigkeiten, dass ihn so kickte.

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