Mittwoch, 27. März 2013

Es wird sich finden - Samstag, 16. Februar 2013

Ute wusste selbst nicht, wie sie es geschafft hatte, aber irgendwie hatte sie sich nach der Schocknachricht gestern rechtzeitig wieder gefangen, bis Lars am Abend gekommen war.
Sie hatte bei ihrer Ärztin einen fürchterlichen Weinkrampf bekommen, woraufhin diese natürlich gedacht hatte, er sei primär ihrer Angst bezüglich der Zyste geschuldet. Sie hatte versucht, sie zu beruhigen und ihr erklärt, dass sie vermutlich keine schlimmen gesundheitlichen Konsequenzen haben werde, aber schnellstmöglich entfernt werden solle, auch wenn sie davon ausging, dass sie gutartig wäre. Eine spätere Schwangerschaft würde die Zyste bestimmt nicht negativ beeinflussen oder gar ausschließen, hatte die Ärztin sie beruhigt. Nun hatte sie also für den kommenden Mittwoch einen Termin im Krankenhaus, um die Zyste entfernen zu lassen.
Sie hatte ab dem Moment, wo die Ärztin gesagt hatte, einer Schwangerschaft würde nach der Entfernung nichts im Wege stehen, überhaupt keine Sorgen mehr gehabt wegen der Zyste. Das Problem war ein ganz anderes - was in aller Welt sollte sie Lars erzählen? Aber das hatte sie der Ärztin ja schlecht sagen können. Hinzu kam die maßlose Enttäuschung, doch nicht schwanger zu sein und vorallem, die Angst, ihn nun endgültig zu verlieren. Trotz allem hatte sie einen kühlen Kopf bewahren müssen. Sie hatte nicht gewusst, wann er genau kommen würde, aber sie wusste sicher, dass sie sich bis dahin beruhigt haben musste und sich gut überlegen musste, was sie ihm erzählen würde. Wahrscheinlich kam er direkt von dieser verdammten Charlotte, da durfte sie erst recht keinen Fehler machen.
Sie hatte nicht viel Zeit gehabt um zu überlegen, was sie nun tun sollte und war deswegen zu dem Entschluss gekommen, dass sie ihm notfalls später immer noch erzählen konnte, dass sie nicht schwanger war - aber nicht an diesem Abend. So hielt sie sich alle Möglichkeiten offen und möglicherweise bestand ja sogar eine Chance, dass sie noch rechzeitig doch noch schwanger wurde. Das musste sich alles finden. Vorerst galt es, ihn zu halten.

Es war besser gelaufen, als sie erwartet hatte. Er war erst gegen 18 Uhr gekommen, so dass sie genügend Zeit gehabt hatte, um sich ein wenig zu beruhigen. Tatsächlich hatte sie dies mit Hilfe von zwei Gläsern Wodka getan. Da sie nicht schwanger war, hatte sie ihn ja nun bedenkenlos trinken können und da Wodka nicht roch, bestand auch keine Gefahr, dass Lars es hätte merken können. Tatsächlich hatte er ihr richtig gut getan und sie beruhigt. Vielleicht hatte sie sich auch ein klein bisschen Mut angetrunken...

Die Stimmung zwischen ihnen war seltsam gewesen. Sie konnte gar nicht recht sagen, womit sie gerechnet hatte, wie Lars sich verhalten würde, aber sie war überrascht gewesen. Er hatte doch sehr mitgenommen gewirkt und anscheinend belastete ihn ihre Krise mehr, als sie ihm zugetraut hatte. Zur Begrüßung hatte er sie kurz in den Arm genommen, aber dabei sehr distanziert gewirkt. Am liebsten hätte sie sich an ihn geklammert und in seinen Armen verharrt, aber sie wusste, dass es falsch gewesen wäre, also hatte sie das Spiel mitgespielt und abgewartet.Glücklicherweise hatte er gar nicht viel gefragt - manchmal war seine Egozentrik auch hilfreich. Hätte er nachgehakt, wie es ihr oder dem Kind gehe, hätte sie womöglich weinen müssen. Stattdessen redete er sofort los und teilte ihr mit, dass er sich Gedanken gemacht habe und zu seiner Verantwortung stehen wolle und nun läge es an ihnen beiden, aus der Sache das Beste zu machen und einen Weg aus der Krise zu finden. Sie hatte nur selig genickt - das war mehr gewesen, als sie sich erhofft hatte. Doch dann hatte er weitergesprochen und ihr erklärt, sie dürfe nicht zu viel erwarten von ihm, er müsse sich erst langsam in die Situation hineinfinden und sei nicht bereit, seine Freiheiten aufzugeben. Sie hatte kurz auf der Zunge gehabt, ihn zu fragen, ob Charlotte auch zu diesen Freiheiten zählte, wollte aber keinen Streit vom Zaun brechen und hatte geschwiegen. Alles würde sich fügen. Vielleicht hatte er es ihr noch nicht gesagt, aber er würde es tun und dann würde sie ohnehin nichts mehr von ihm wissen wollen, da war sie sich sicher. Sie musste nur dafür sorgen, dass er es ihr bald sagte - bevor er merkte, dass sie gar nicht schwanger war, falls sie es nicht rechtzeitig wurde. Oder bevor sie vortäuschen musste, das Kind zu verlieren. Aber nach solch einem Schicksalsschlag würde er sie auch nicht verlassen und vielleicht hatte er bis dahin bereits solche Vatergefühle entwickelt, dass er es möglichst schnell wieder probieren wollte.
Wobei, nach seiner Aussage gestern, er habe nur eine Bitte an sie, sie solle nun bloß nicht zum Muttertier werden und ihn "mit Schwangerschaftskram volllabern", sonst könne er sie nicht mehr ertragen, war damit nicht zu rechnen. Er war so unglaublich unsensibel. Wäre sie wirklich schwanger gewesen, hätte sie ihn wohl gehasst für diese Aussage. Aber in der momentanen Situation kam es ihr mehr als entgegen, dass er möglichst wenig von ihrer Schwangerschaft mitbekommen wollte. Ganz sicher würde sich das ändern. Er musste nur erst alles verdauen. Es war ja schon besser geworden. Immerhin hatte er sich für sie entschieden.

Glücklich blickte sie neben sich, wo er endlich wieder im Ehebett lag und noch schlief. Ein Lächeln lag auf seinem Gesicht. Sie fragte sich, ob er wohl gerade von ihr träumte.

*****

Lars saß an seinem Schreibtisch und versuchte zu arbeiten. Er konnte sich nicht konzentrieren. Statt an seiner Veröffentlichung zu schreiben, verspürte er immer wieder den Drang, eine Mail an Charlotte zu tippen. Er wollte ihr berichten, wie es gestern gewesen war mit Ute und ihr sagen, wie sehr er sie vermisste. Aber er war sich sicher, er würde auf taube Ohren stoßen. 
Er fragte sich, ob Charlotte sein Verhalten gegenüber Ute gestern gutgeheißen hätte. Er hatte sofort seine Position klargemacht und sie war passiv und  zurückhaltend wie immer gewesen im Gespräch. Er glaubte im Nachhinein, dass sie einfach nur froh war, ihn vorerst nicht verloren zu haben und ihr deswegen alles andere egal war. Vermutlich hätte sie auch abgenickt, wenn er ihr erklärt hätte, dass er bei ihr blieb, aber drei Mal pro Woche ins Bordell gehen wolle. Auf jeden Fall hatte sie alles abgenickt und schien sich auch daran halten zu wollen, ihn nicht zu sehr mit den Details der Schwangerschaft zu nerven. Er hatte ihr recht deutlich zu verstehen gegeben, dass sie ansonsten unattraktiv für ihn würde, das schien gezogen zu haben.
Vielleicht konnte er wenigstens noch das Beste aus dieser beschissenen Situation machen, indem hier in Zukunft alles noch mehr nach seiner Pfeife tanzte. Wenn er es richtig anstellte, würde Ute sich mit allen Mitteln ins Zeug legen, es ihm so angenehm wie möglich zu machen, weil sie Angst haben würde, ihn sonst zu verlieren.
Es musste sich alles finden, aber vielleicht konnte er diese knapp neun Monate herumbringen, ohne allzu viele eheliche Verpflichtungen zu haben und sein neues Leben mit Charlotte, das danach beginnen sollte, doch schon parallel vorbereiten. Denn er würde um sie kämpfen, er wusste nur noch nicht, wie. Aber ihr Treffen am Donnerstag war nicht das Ende. Niemals.

2 Kommentare:

  1. Lieber Lars, mit der Bemerkung "indem hier in Zukunft alles noch mehr nach seiner Pfeife tanzte" hast du sämtliche in letzter Zeit gewonnenen Sympathie-Punkte wieder verloren.

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  2. Ich finde leider auch, dass Lars so richtig schlecht rüber kommt- ich mochte ihn ja nie wirklich, aber das ist echt das letzte. Ute soll ihn nicht mit Schwangerschaftskram voll labern? GEHTS NOCH? Egoistisch und unsensibel hoch hundert. Wieso will Ute ihn halten, merkt sie denn gar nichts mehr???? UTE WACH AUF!

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